Vereinigte Staaten von Europa jetzt

für ein demokratisches, föderales, vereingtes Europa

07.10.2017

Der europäische Gärungsprozess ist im vollen Gange. Diverse Verbesserungsvorschläge betreffend Europas Zukunft machen die Runde. Der weitestgehende Vorschlag kommt wohl von Monsieur Emmanuel Macron, dem französichen Präsidenten. Er hat sich mit seinem Vorschlägen am weitesten von den europäischen Regierungschefs aus dem Fenster gelehnt.

Macron schlägt eine Neugründung Europas vor, er will Europa zu einem föderalen Gebilde ausbauen mit einem eigenen Budget, einem eigenen Parlament und einem eigenen Finanzminister.

Unsere deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel ist erst einmal in Deckung gegangen, denn ihre größte Sorge ist es, eine Koalition zusammenzubringen. Na, man kann ihr nur Glück wünschen und Europa kann man wünschen, dass sich diejenigen in der dann zu bildenden Koalition durchsetzen, die ein vereintes Europa wollen bzw. ein vereinteres Europa als das bisherige.

Der zweite Verlierer der Bundestagswahl, nämlich das eigentliche Hoffnungskind der Europafreunde nämlich Martin Schulz, muss nun seine Wunden lecken. Sollten die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU und CSU und Grünen und FDP scheitern, wird wohl die Gretchenfrage an ihn gestellt: wie hältst Du es mit Europa? Aus europäischer Sicht wäre es wünschenswert, wenn sich die SPD in diesem Falle durchränge und mit der CDU/CSU eine europafreundliche Koalition bilden würde. Hier wäre der Platz für den großen Europafreund Martin Schulz. Hier könnte er seine ganze Europafreundlichkeit entfalten. Die Kräfte in der SPD, die ihn im Bundestagswahlkampf ausgebremst haben, könnten dann einpacken. Es zählte dann keine Parteiräson sondern eine Europaräson. Zwar gibt es auch in der CDU/CSU genügend Leute, die ein vereinigtes Europa bzw. ein vereinigteres Europa versuchen würden zu verhindern. Aber Merkel und Schulz zusammen wären sehr starke Garanten für eine europafreundliche Politik im Sinne von Macron.

Das eigentliche Problem jedoch für die Weiterentwicklung Europas ist die Frage aller Fragen: bringen die noch so gut gemeinten Vorschläge Macrons und anderer proeuropäischer Politiker tatsächlich den gewünschten Erfolg? Brächte ihre Realisierung Europa weiter?

In der Süddeutschen Zeitung vom Freitag, den 6.10.2017  kann man in dem Artikel von Friedrich Heinemann, einem Volkswirtschaftsprofessor an der Universität Heidelberg und einem Forscher am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, „Was Katalonien lehrt“ nachlesen, was es bei den Vorschlägen Macrons und anderen zu bedenken gibt. Die Ansicht Heinemanns lautet „Finanzielle Solidarität hat nur dann eine Chance, wenn eine breite Mehrheit dahintersteht“.

Heinemann analysiert in dem Artikel nämlich die Spanische Malaise mit den Spanischen Staatsschulden und dem katalonischen Anteil daran. Die spanische Schuldengemeinschaft mit der Region Katalonien bringe den Gesamtstaat in Gefahr, weil Katalonien nicht der bloße Zahler sein wolle, der die anderen Spanier füttere. Dasselbe könne Europa blühen, wenn es Schulden vergemeinschafte. Nach dem Motto, die „reichen“ europäischen Staaten sind die Katalonen Gesamteuropas. Gibt es da vielleicht noch mehr von? Ja sicher, Deutschland z. B. könnte von Europagegnern in der Rolle als Europas Katalonien gesehen werden. Die Niederlande und einige andere ebenso. Heinemann zieht daraus den Schluß, Europa könnte auseinanderbrechen, wenn eine gemeinsame Schuldenpolitik ohne eine breite Mehrheit dafür installiert würde.

Das kennen wir doch schon, es ist nichts Neues in der Geschichte. „No taxation without representation“ hieß es bei den Gründervätern der USA. Auf gut deutsch: ohne parlamentarische Kontrolle kein demokratischer Staat und auch kein Staatsbudget.

Dasselbe Argument des Autors läßt sich übrigens auch auf andere Vorschläge zur „Verbesserung Europas“ übertragen, insbesondere zum Vorschlag einer Europäischen Armee.

Das Argument des Autors genommen und auf die Waagschale für Europas Zukunft gelegt heißt doch, ohne ein vollfunktionsfähiges Parlament mit allen Rechten und Pflichten, ohne eine Europäische Verfassung sind die Vorschläge Macrons und anderer im Hinblick auf eine gemeinsame Schuldenbudgetierung oder einer gemeinsamen europäischen Armee zum Scheitern verurteilt. Der Autor Heinemann spricht zwar nur von der Sprengung Europas, man kann ihn aber sicher zu recht positiv gewendet so auslegen: Mit einer Europäischen Verfassung und einem voll funktionsfähigen Europäischen Parlament und einer Europäischen Exekutive sähe die Sache anders aus.

Macron zu Ende gedacht ist der richtige Weg! Ihn zu stärken ist Europa zu stärken. Zu Ende gedacht bzw ausgesprochen, was Macron sicher auch im Sinne hat, wir brauchen eine Europäische Verfassung. Und ein einig Volk von Europäern, von europäischen Bürgern, die ihr europäisches Schicksal in die eigenen Hände nehmen.

Wir können dem Präsidenten Macron, der Kanzlerin Merkel, dem SPD-Vorsitzenden Martin Schulz, dem Autor Heinemann und allen Lesern in diesem Sinne zurufen: Vivat L‘Europe, long live Europe, es lebe Europa, es lebe die Vereinigten Staaten von Europa jetzt!