Vereinigte Staaten von Europa jetzt

für ein demokratisches, föderales, vereingtes Europa

19.01.2020

Der Akt des gerechten Teilens ist der einzige Weg, die Existenz der Erde und die Existenz der Menschheit zu sichern.


Mbembe, Achille, Schriftsteller aus Kamerun, Afrika in der Süddeutschen Zeitung vom 10.1.2020

Ein Jahreswechsel regt die Menschen an, Bilanz über das vergangene Jahr zu ziehen und über das kommende Jahr und die folgenden Jahre nachzudenken: Was hat das vergangene Jahr nun für Europa gebracht, was sind die Aussichten für Europa? Wie stellen wir uns unsere europäische Zukunft vor?


Die veröffentlichten Meinungen und Statements von Politikern und Bürgern, die Stimmungsbeschreibungen von Journalisten und Historikern sowie die Äußerungen vieler Zeitgenossen beklagen vielfach eine gewisse Ratlosigkeit im Umgang mit den gegenwärtigen Zuständen und dem Umgang damit sowie mit der Frage der Zukunftsperspektive. Auch wird von einigen Zeitgenossen beklagt, dass nicht nur Visionen fehlten, sondern auch die Personen bzw. Politiker, die visionäre Vorstellungen glaubhaft vertreten. Hier eine kleine Zusammenstellung veröffentlichter Meinungen dazu:


Heribert Prantl, Journalist und Autor der Süddeutschen Zeitung, attestiert unserer Gesellschaft, dass sie eine neue Konkretion der Solidarität und eine neue Utopie brauche. Die Menschen wollten heil und friedlich leben, darum müsse sich die Zukunftspolitik bemühen (Süddeutsche Zeitung vom 28.12.2019).


Timothy Snyder, amerikanischer Historiker, hat in einer Rede zur Lage der Demokratie, abgedruckt in der Süddeutschen Zeitung (unter www.sz.de/1.4733436) davon gesprochen, dass die Menschen wieder positiv in die Zukunft schauen sollen. Sie sollten Modelle einer Zukunft entwerfen und dann ihre Vorstellungen zur Diskussion stellen. Die Menschen müssen aktiv werden, um diese ihre Vorstellungen in die Tat umzusetzen, Snyder sagt, "... nur ein paar kleine Siege, ein paar Veränderungen, können uns wieder davon überzeugen, dass Demokratie genau der richtige Weg nach vorne ist."


Auch aus den deutschen Parteien kommen Stimmen, die ein Fehlen von tragenden Zukunftsplänen in ihrer Partei beklagen, so der Juso-Vorsitzende und das Vorstandsmitglied der SPD Kevin Kühnert unter anderem in der letzten Parteiversammlung der SPD sagte.


Ulrich Wickert, ehemaliger Fernsehjournalist, unter anderem des Westdeutschen Rundfunks, sagt in einem Interview in der tv Hören und Sehen Nr. 2/2020, dass der letzte deutsche Politiker mit Visionen seiner Meinung nach der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder gewesen sei. In Europa finde er nur einen führenden Politiker mit europapolitischen Visionen, nämlich den französischen Präsidenten Emmanuel Macron.


Diese, von Prominenten geäußerten Stimmen, geben natürlich nur ein eingeschränktes Meinungsbild wieder. Wie denken die nicht so prominenten Bürger, die die Mehrheit der Gesellschaft bilden, über das Thema "Fehlende Visionen für unsere weitere (europäische) Entwicklung"? Der Zweck einer Vision ist es, den Menschen eine Richtung für ihr gesellschaftliches Zusammenleben in der Zukunft aufzuzeigen. Wichtig für die Menschen ist dabei auch, über die realistischen Wege nachzudenken und zu sprechen, wie diese Ziele erreicht werden können. Und was jetzt schon, in der Gegenwart getan werden muss, um diesem Ziel einen Weg zu bereiten, die Vision Wirklichkeit werden zu lassen.


Sehr viele unserer gegenwärtigen großen Probleme sind solche, die nur länderübergreifend gelöst werden können. Greifen wir zwei der größten Gegenwartsprobleme heraus, den Migrationsdruck auf Europa durch wirtschaftliches Elend und kriegerische Auseinandersetzungen in vielen uns unmittelbar und mittelbar umgebenden Ländern und die Klimaerwärmung, die die gesamte Menschheit betrifft. Charakteristisch für diese beiden großen Probleme ist, dass sie länderübergreifend sind und dementsprechend auch nur durch länderübergreifende Zusammenarbeit gelöst werden können. Kein Land alleine kann eines dieser beiden Probleme lösen.


Die Klimarettung haben sich, angestoßen von einem jungen Mädchen, mittlerweile weltweit junge Menschen auf die Fahnen geschrieben. Fridays for Future ist ihr Motto. Ihr Maß an Gemeinsinn, am Willen, gemeinsam für die Klimarettung auf die Straßen zu gehen, ist riesengroß. Solch ein Maß an Gemeinsinn braucht auch Europa dringend.


Die Vision eines Vereinigten Europa neben die Vision einer klimafreundlichen Welt auf die Fahnen der europäischen Jugend geschrieben, das ist eine schiere notwendige Selbstverständlichkeit, denn ein europäisches Land allein kann das Klima nicht retten wie auch ein europäisches Land allein die vielen Verelendeten und Verfolgten nicht aufnehmen kann. Eben wie auch ein x-beliebiger Staat auf irgendeinem anderen Kontinent allein das Klima nicht retten kann. Und das ist bzw. wäre ein Beispiel für andere Teile der Welt: seht her, Bürger der Welt, wir Europäer stehen freitags (und an anderen Tagen) gemeinsam auf für die Bekämpfung der Klimaerwärmung und auch für die solidarische Aufnahme von verelendeten und verfolgten Menschen aus unseren Nachbarländern in unserem vereinigten Europa.


Die in Taten umgesetzte Vision von einer solidarischen Klimarettung und einer Schaffung eines vereinigten solidarischen Europa, das ist Brot für die visionshungrigen Menschen. Konkrete Arbeit für die Verwirklichung dieser Vision am werktäglichen Freitag (und an anderen Werktagen) zu leisten, ermöglicht dann auch einen gemeinsam gefeierten Sonntag. Im Christentum gibt es die Vorstellung vom sonntäglichen convivium, das ein alltägliches solidarisches convivere voraussetzt. Mit anderen Worten, erst die Arbeit dann das Vergnügen. In diesem Sinne wünschen wir überzeugten Europäer den Freitagsdemonstranten: Auf, lasst uns zusammen an der Klimarettung und an der Vereinigung Europas arbeiten, dann können wir am Sonntag gemeinsam die "Sau raus lassen", sprich die Klimarettung und die Lösung vieler europäischer Probleme feiern, z. B. den verfolgten und verelendeten europäischen Nachbarn einen europäischen Schutzraum bieten.


An Visionen, auch an europäischen Visionen war übrigens eigentlich nie ein Mangel, eher ist ein Mangel an Visionären zu verzeichnen. Unsere neue Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, hat schon vor etlichen Jahren von ihrer europäischen Vision gesprochen, nämlich von der Schaffung der Vereinigten Staaten von Europa. Wir wünschen ihr den Mut, diese Vision auch gerade jetzt wieder in ihrer neuen Position offensiv zu vertreten. Zusammen mit den Fridayern for Future and Europe können wir dann als Sundayer diese Visionen Wirklichkeit werden lassen und feiern.