Vereinigte Staaten von Europa jetzt

für ein demokratisches, föderales, vereingtes Europa

16.02.2015

In Die Zeit vom 5. Februar 2015 kann man auf Seite 40 in einem Artikel von Wolfgang Streeck lesen, dass der Euro abgeschafft werden müsse, um Europa zu retten. Die Wirtschaften in den Euro-Ländern seien zu unterschiedlich. Selbst wenn Griechenland sich jetzt auf diesem bestehenden Niveau halten könnte, fiskalisch bereit wäre, in der Euro-Union zu bleiben, die immensen Ungleichgewichte zwischen den sogenannten Nordländern und Griechenland blieben ja. Das heißt, Griechenland brauche weiter Hilfe insbesondere auch für seine notwndigen Investitionen. Die Geldgeber aber tun dies nur mit Kontrolle, die wiederum als demütigend betrachtet wird. Was Griechenland zugestanden werde, könne den anderen bedürftigen Ländern nicht abgeschlagen werde. Der Autor schreibt, dass die schnellstmögliche Beendigung der Währungsunion im wirtschaftlichen und oder politischen  Interesse vor allem Deutschlands liege. Ergo: der Euro macht Europa kaputt, also machen wir besser den Euro kaputt.

Der Autor beschreibt den Zustand der Euro-Union korrekt. Ist aber seine Schlussfolgerung geeignet, bei Abschafftung des Euro die Rettung Europas zu behaupten? Wenn der Euro abgeschafft würde, bestünden die Schulden der Euro-Länder weiter. Sie valutierten dann lediglich in einer anderen Währung. Auch die wirtschaftlichen Disparitäten blieben bestehen. Was wäre dadurch für Europa gewonnen?

Eine gemeinsame Währung wird dann wohl für eine sehr lange Zeit nicht mehr realisierbar. Vielleicht sogar nicht mehr zu unseren Lebzeiten. Der Autor behauptet, die Abschaffung des Euro sei die Rettung Europas. Wenn aber die Disparitäten bleiben, müssen wir im Interesse Europas den schwachen, überschuldetetn Ländern unter die Arme greifen. Oder sollen die Europäer, denen es gut geht, ihren leidenden Miteuropäern mitleidlos beim wirtschaftlichen Darniederliegen zuschauen? Wenn das so ist, also Hilfe mit Euro oder ohne Euro geleistet werden muss, dann bleiben wir doch lieber bei der Hilfe in Euro. Was wir haben das haben wir schon einmal, zumal wir am Ziel eines vereinigten Europa weiterhin festhalten wollen.

Ein wesentliches Argument zum Beibehalten des Euro ist doch, dass der Euro nicht die Ursache für Staatsverschuldungen ist. Ob die Schulden auf Euro oder auf DM oder auf Drachme oder auf Franc lauten, Schulden sind und bleiben Schulden. Es kann wohl sein, dass durch die Einführung des Euro einige Länder leichter zusätzliche Schulden gemacht haben, da die Zinslasten bzw. ihre Finanzierungskosten günstiger als mit ihrer Altwährung waren. Grundsätzlich aber sind mit oder ohne Euro zu viele Schulden gemacht worden. Die Mentalität des Schuldenmachens muss sich ändern: nur mit ganz klar definierten Bedingungen dürfen Schulden gemacht werden.

Einen ganz anderen Ansatz zum Problem bietet Daniel Stelter in seinem Artikel „ohne Verluste geht es nicht“ in der Süddeutschen Zeitung vom 9. Februar 2015 auf Seite 20. Auch bei ihm ist die Ausgangslage, es gibt Länder mit zu vielen Schulden, staatlichen und zum Teil privaten, und Länder mit weniger Schulden. Die Euro-Zone müsse gerettet werden, da die bestehenden Schulden nicht mehr bezahlt werden könnten. Der Autor nennt drei mögliche Schuldenreduzierungsverfahren: 1. Schulden werden durch Inflationierung reduziert, 2. Schulden werden durch einseitige Zahlungseinstellungen von Schuldnern reduziert und 3. Schulden werden durch ein geordnetes Verfahren rückzahlbar.

Die Nebenwirkungen der 1. und 2. Methode seien so schlecht, dass sie für ein geordnetes Verfahren sprächen. Das geordnete Verfahren sei in der Schaffung eines Schuldentilgungsfonds zu schaffen. Auch ein solches Verfahren habe Nebenwirkungen. Durch eine weitgehende europäische Integration oder eine wasserdichte No-Bail-Out-Klausel sollten zukünftige Krisen ausgeschlossen werden, wenn die Budget-Hoheit der einzelnen Länder nicht aufgegeben werde. Ziel des Fonds sei, durch solidarisches Teilen der Schuldenlasten könnten alle Länder wieder Spielräume für Investitionen schaffen.

Das Europa, das der Autor Stelter in der Süddeutschen Zeitung beschreibt, zeichnet sich durch ein hohes Maß an Solidarität und in Folge dessen durch ein hohes Maß an Solididät aus.

Das Europa, das der Autor Streeck in der Zeit schildert, ist eines, das vor dem Problem mangelnder Solidarität kapituliert. Am Ende steht ein solches Europa ohne Euro da und jedes Land wirtschaftet für sich alleine. In kultureller Vielfalt schreibt der Autor, denn eine aufgepfropfte gemeinsame Währung mache diese Vielfalt kaputt.

Die kulturelle Vielfalt Europas ist ein Wert an sich, der unbedingt erhalten werden sollte. Da sind sich sicher alle einig. Es gibt große Länder mit großer kultureller Vielfalt und einer einheitlichen Währung. Es scheint doch also so zu sein, dass eine gemeinsame Währung kulturelle Vielfalt nicht ausschließt. Ein solidarisches Europa, in dem  vorhandene Schuldenlasten solidarisch getragen werden, ist das nicht geradezu ein Garant in unserer heutigen Welt dafür, seine kulturelle Vielfalt überhaupt erst zum Blühen bringen zu können?